Am Anfang von Politik als Beruf (1919) erklärt Weber, dass er sich nicht mit der wei- teren Bedeutung des Begriffs „Politik“ befassen wolle, der sich auf »jede Art von selbstständiger leitender Tätigkeit« beziehe, sondern auf eine engere Bedeutung des gleichen Begriffs, der sich insbesondere auf »die Leitung oder die Beeinflussung der Leitung eines politischen Verbandes, heute also: eines Staates« beziehe. Natürlich stellt er sofort die Frage: »Was ist nun aber vom Standpunkt der soziologischen Be- trachtung aus ein „politischer“ Verband? Was ist: ein „Staat“?«. Webers berühmte Antwort definiert den Staat (heute der politische Verband schlechthin) als »diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes (...) das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für sich (mit Erfolg) beansprucht«. Das Ziel des Vortrags besteht darin zu zeigen, wie diese Antwort, um wirklich verstanden zu werden, in den Horizont der komplexen Charakterisierung des Begriffs des »politi- schen Verbands« eingerahmt werden muss, die Weber in Soziologische Grundbe- griffe (1919-1920), das erste Kapitel der Nachkriegsfassung von Wirtschaft und Ge- sellschaft, entwickelt. Der »politische Verband« wird hier als eine spezifische Art von »Herrschaftsverband« dargestellt, die selbst eine spezifische Art von „Verband“ ist. Letzterer ist eine bestimmte Ausprägung von "geschlossener sozialer Beziehung" als spezifische Art von "sozialer Beziehung". Bei dieser handelt es sich wiederum um eine spezifische Art von »sozialem Handeln« (der »zentrale« und »konstitutive« »Tatbestand« der verstehenden Soziologie als Wissenschaft). Die strenge Einord- nung des Begriffs »politischer Verband« in dem artikulierten begrifflichen Instrumen- tarium, das von Weber erstellt wurde, offenbart vollständig seinen Doppelcharakter, der ihn gleichzeitig mit zwei sehr unterschiedlichen Dimensionen verbunden sieht. Die erste ist die »soziologisch amorphe« Dimension von »Macht«, die die Chance bedeutet, »den eignen Willen auch gegen Wiederstreben durchzusetzen«. Die zweite ist die völlig andere Dimension von »Herrschaft«, die mit dem subjektiv gemeinten Sinn derjenigen zu tun hat, die befehlen, vor allem aber derjenigen, die einem Befehl bestimmten Inhalts und bestimmter Herkunft gehorchen.
Zwischen Macht und Herrschaft: der zweideutige Charakter des »politischen Verbandes« in Webers verstehender Soziologie / Massimilla, E.. - Beiträge zur Kulturwissenschaft, Bd. 52:(2024), pp. 239-255.
Zwischen Macht und Herrschaft: der zweideutige Charakter des »politischen Verbandes« in Webers verstehender Soziologie
E. Massimilla
2024
Abstract
Am Anfang von Politik als Beruf (1919) erklärt Weber, dass er sich nicht mit der wei- teren Bedeutung des Begriffs „Politik“ befassen wolle, der sich auf »jede Art von selbstständiger leitender Tätigkeit« beziehe, sondern auf eine engere Bedeutung des gleichen Begriffs, der sich insbesondere auf »die Leitung oder die Beeinflussung der Leitung eines politischen Verbandes, heute also: eines Staates« beziehe. Natürlich stellt er sofort die Frage: »Was ist nun aber vom Standpunkt der soziologischen Be- trachtung aus ein „politischer“ Verband? Was ist: ein „Staat“?«. Webers berühmte Antwort definiert den Staat (heute der politische Verband schlechthin) als »diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes (...) das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für sich (mit Erfolg) beansprucht«. Das Ziel des Vortrags besteht darin zu zeigen, wie diese Antwort, um wirklich verstanden zu werden, in den Horizont der komplexen Charakterisierung des Begriffs des »politi- schen Verbands« eingerahmt werden muss, die Weber in Soziologische Grundbe- griffe (1919-1920), das erste Kapitel der Nachkriegsfassung von Wirtschaft und Ge- sellschaft, entwickelt. Der »politische Verband« wird hier als eine spezifische Art von »Herrschaftsverband« dargestellt, die selbst eine spezifische Art von „Verband“ ist. Letzterer ist eine bestimmte Ausprägung von "geschlossener sozialer Beziehung" als spezifische Art von "sozialer Beziehung". Bei dieser handelt es sich wiederum um eine spezifische Art von »sozialem Handeln« (der »zentrale« und »konstitutive« »Tatbestand« der verstehenden Soziologie als Wissenschaft). Die strenge Einord- nung des Begriffs »politischer Verband« in dem artikulierten begrifflichen Instrumen- tarium, das von Weber erstellt wurde, offenbart vollständig seinen Doppelcharakter, der ihn gleichzeitig mit zwei sehr unterschiedlichen Dimensionen verbunden sieht. Die erste ist die »soziologisch amorphe« Dimension von »Macht«, die die Chance bedeutet, »den eignen Willen auch gegen Wiederstreben durchzusetzen«. Die zweite ist die völlig andere Dimension von »Herrschaft«, die mit dem subjektiv gemeinten Sinn derjenigen zu tun hat, die befehlen, vor allem aber derjenigen, die einem Befehl bestimmten Inhalts und bestimmter Herkunft gehorchen.| File | Dimensione | Formato | |
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